Dienstag, 27. September 2011

Haiku?

Traumhülsentrümmer
vage Fetzen zersplittern
den Tag wie ziellos


(c) christA frontzeck

Samstag, 17. September 2011

Sich vertragen

Wir hatten uns gestritten. Worum es ging, weiß ich gar nicht mehr. Kann sein, dass wir uns nicht einigen konnten, wer zuerst auf den Hochsitz klettern durfte, den der Großvater für uns zwischen zwei hohen Pappeln gebaut hatte. Oben konnten wir zu zweit oder gar zu dritt sitzen, doch hinauf mussten wir einer nach dem anderen. Kann sein, wir stritten darüber, wer am besten das Zuckerei schlagen konnte. Eigelb mit Zucker verrührt war, wenn ich mich recht erinnere, die einzige Süßigkeit, die es damals außer des Kuchens am Sonntag für uns Kinder gab. Auf jeden Fall hatten wir so heftig gestritten, dass wir nicht mehr miteinander redeten. Den anderen im Blick taten wir so, als könnten wir auch ganz gut alleine spielen, bis die Großmutter uns wieder zusammenbrachte. Sie sagte: jetzt schaut euch an, gebt euch die Hand und vertragt euch wieder! Es fiel ein bißchen schwer, sich in die Augen zu schauen. Wir hatten noch hochrote Köpfe vom Streit und vom Sommer. - Na wirds bald?, sagte die Großmutter streng. Dann schauten wir uns an und gaben uns die Hand. Der Cousin murmelte noch etwas Unverständliches, und wir liefen wieder hinaus, um weiter zu spielen. So war das mit dem Sich-wieder-vertragen, als wir Kinder waren. So einfach. -

Heute braucht man Mediation, Paartherapie etc., in manchen Fällen brauchts sogar die Nato-Truppen, nur weil keine Großmutter da ist, die sagt: jetzt gebt euch die Hand und vertragt euch wieder!


(c) christA frontzeck

Dienstag, 6. September 2011

An einem sonnigen Nachmittag


Es ist ein kleines, mit Drahtzaun umzäuntes, dreieckiges Grundstück zwischen einer kopfsteingepflasterten Sackgasse, Spielplätzen, einem Fußballfeld und einem Grünstreifen, der als Feuerwehrzufahrt ausgeschildert ist. Die Autowerkstatt liegt im Grünen.

Am Sonntagnachmittag klettert ein Jugendlicher geschickt über das Eingangstor von innen nach außen, in einer Hand eine Plastikflasche, in der eine klare Flüssigkeit herum schwappt. Er blickt sich verstohlen um, schaut in den Hof der Werkstatt, sieht seine beiden Kameraden hinter dem Fahrzeugschuppen verschwinden, rennt die Sackgasse hoch und verschwindet am Ende nach links. Plötzlich hat ein Spaziergänger, der den Jungen beobachtet hat, ein ungutes Gefühl. Er bleibt stehen, kehrt um bis zum Eingangstor der Werkstatt, sieht ganz hinten die Schatten zweier Jugendlicher herum huschen und überlegt, ob diese - aus Langeweile am Sonntagnachmittag - Autobrandstifter nachahmen wollen? Was sonst treiben die dort? Die am Wochenende geschlossene Werkstatt, in deren Hof etliche Fahrzeuge unbeaufsichtigt stehen, könnte geradezu eine Aufforderung sein, es auch mal zu tun. "Wenn Ihnen etwas seltsam..., informieren Sie die...!", fällt dem Spaziergänger ein.  Andererseits denkt er daran, dass Jugendliche in dem Alter einfach nur neugierig sind und gerne dort herum stöbern, wo es eigentlich nicht erlaubt ist. - "Aber... -, und wenn... -", denkt er auch und: "Aber nein!" Weder hat er ein Mobiltelefon noch gibt es eine Zelle in der Nähe. Er betrachtet die Blümchen, die vor der Werkstatt entlang des Zauns gepflanzt sind, bevor er weiter geht. Die Schatten auf dem Hof sind verschwunden.

Auf der Rückseite der Werkstatt klettern zwei Jugendliche über den Zaun zur Feuerwehrauffahrt. Einer von beiden trägt einen Fußball unterm Arm.



(c) christA frontzeck