In
einem Traum
habe
ich dir die Maske abgenommen. - Das war nicht einfach. - Eine große
Decke habe ich auf dem Boden ausgebreitet und noch eine weitere
darauf gelegt, damit es etwas weicher wurde, ein kleines Kissen für
den Kopf und über diesem Lager habe ich ein großes, weißes
Leinentuch von meiner Mutter glatt gestrichen. Viele Gipsbinden, eine
Schere und ein Handtuch habe ich neben dem Kopfteil bereit gelegt und
Vaseline, eine Schüssel für die Gipsstreifen, eine Schale mit
warmem Wasser und ein Fläschchen Öl dorthin gestellt, wo ich neben
deinem Kopf sitzen würde; zwei Röhrchen musste ich suchen und fand
sie im untersten Fach eines kleinen Schränkchens. Ich bat dich, dich
auf dem Rücken hinzulegen, auszustrecken und zu entspannen. Eine
Zudecke musste ich holen und aus einem großen Badetuch eine Rolle
wickeln, die ich unter deine Knie legte. Musik wolltest du nicht
hören. Nachdem ich dir gesagt hatte, dass du dich darauf
konzentrieren solltest, ruhig zu atmen und besonders auf die
Entspannung deines Gesichts zu achten, schwiegen wir.
Ich
hockte mich neben dich und begann, die Gipsbinden in kleine Streifen
zu zerschneiden ohne zu wissen, wie viele ich brauchen würde, um
später drei Schichten auf dein Gesicht zu legen. Als sich in der
Schüssel ein kleiner Berg türmte, wusch ich mir die Hände, setzte
mich so an das Kopfende, dass dein Kopf nahe an meinem Schoss lag und
ich die Beine links und rechts von deinen Schultern ausstrecken
konnte. Ich nahm das Ölfläschchen, träufelte ein paar Tropfen in
meine Hände und begann, sie in dein Gesicht ein zu massieren, vom
Kinn an beidseitig die Wangen hoch an den Schläfen entlang zur Stirn
und wieder abwärts mit sanften Fingerspitzen über die ein wenig
zitternden Augenlider, den Nasenrücken - die Nasenflügel bebten
leicht in der Atmung - die Lippen, das Kinn und auch der Hals wurden
massiert. Es wiederholte sich von unten nach oben, von oben nach
unten, ein paar Male, bis das ganze Gesicht das Öl in seinen Poren
aufgenommen hatte und die Muskulatur mir entspannt schien, gut
vorbereitet für die Schicht aus Vaseline.
Mir
war nicht recht klar, wie ich mit den Augenbrauen - den langen
borstigen - und dem Oberlippenbart umgehen sollte; der Haaransatz
musste abgedeckt werden. Ich stand auf und holte Wattestäbchen. Mit
denen verteilte ich zunächst Öl und dann Vaseline auf die
Barthaare, die Augenbrauen und das Haar neben den Ohren. Jedes
Härchen musste einzeln ummantelt werden. Du atmetest ruhig. - Warst
du eingeschlafen? - Ich musste noch einmal aufstehen, um einen Kamm
zu holen. Mit reichlich Vaseline an den Fingerspitzen strich ich das
Kopfhaar aus dem Gesicht und glättete es mit dem Kamm nach hinten.
Mit reichlich Vaseline wurde anschließend die gesamte Maskenfläche
eingesalbt.
"Die
erste Schicht Gips ist die einfachste. Bei der zweiten fängt sie
bereits an zu härten. und die darunter liegende Haut lässt sich
kaum bewegen. Sie fühlt sich nach und nach beinahe so starr an wie
die Maske selbst. Da wird der Mimik klar, was Maske heißt, und das
Gefühl breitet sich im Körper aus. Du wirst das merken. Jeder merkt
das in dieser Situation. Wenn du es nicht aushältst, können wir
abbrechen. - Ich fange jetzt an.", sagte ich. Du nicktest. Also
warst du nicht eingeschlafen. Ich wischte meine Hände in einem
Zipfel des Lakens ab und begann Gipsstreifen für Gipsstreifen in die
Wasserschüssel zu tauchen und auf dein Gesicht zu legen. Streifen
für Streifen strich ich glatt und passte ihn Stück für Stück dem
Gesicht an, bis die erste Schicht verlegt war. Nur die Nasenlöcher
blieben frei. Im Gips entschwanden deine Falten meinem Blick.
Widerborstig waren Augenbrauen und Schnauzbart; ich musste sie noch
einmal mit Vaseline einstreichen, damit der Gips nicht an ihnen
haftete. Als ich mit der zweiten Schicht das Kinn erreichte, war es
schon starr. Aus deinen Nasenlöchern kamen kleine Geräusche, deine
Atmung war etwas schneller geworden, in deinem linken Oberarm zuckte
es, und du machtest mit den Füssen kleine, kreisende Bewegungen.
Bevor ich mit der dritten Schicht anfing, machte ich eine Pause und
forderte dich auf, ein wenig mit der Gesichtsmuskulatur zu spielen.
Viel Spielraum gab es nicht; die kleine Bewegung lockerte die
Gipsschicht von der Haut. Zumindest an den meisten Stellen.
Ich
begann mit der dritten Schicht. Die Maske war schon ziemlich hart. Du
spürtest darunter bereits nicht mehr, wo ich den nächsten
Gipsstreifen auflegte. An der Nasenspitze angelangt, sagte ich: "Ich
führe jetzt vorsichtig die Röhrchen in die Nasenlöcher." Dann
führte ich ganz behutsam die beiden Röhrchen ein, konnte die
Nasenflügel und den Steg modulieren und die dritte Schicht bis
unterhalb des Kinns beenden.
"Jetzt
musst du noch ein wenig Geduld haben, bis die Maske vollkommen
ausgehärtet ist.", sagte ich und stand auf, um mir im Bad die
Hände zu waschen. Ich schlüpfte in deinen Körper hinein und
fühlte, wie du dich fühlen musstest, fühlte, was ein Toter nicht
fühlen kann, wenn ihm die Maske abgenommen wird. Sie ist unbequem.
Die Mimik erstarrt. Du weißt nicht mehr, was Innen- oder Aussenhaut
ist. Ich erinnerte mich daran, wie meine Tochter mir einmal die Maske
einer ständig grinsenden Mitschülerin vorführte. "Da kriegt
man ja Muskelkater, wenn man immer grinst. Das tut doch weh!" -
So ist es mit dem Starren.
Ich
sah es in dir arbeiten, konzentriert am Schreibtisch sitzend oder
einem Vortrag lauschend, die Stirnfalten auf den Punkt zwischen den
Augenbrauen zusammen gezogen, dorthin von wo aus immer die Kopfweh
kommen. Da sind dann im Laufe der Jahre die tiefen Falten entstanden,
die sich nicht mehr glätten lassen. Ich schlüpfte wieder hinaus aus
deinem Körper. Es war mir zu eng. Bis es soweit war, dass wir die
Maske abnehmen konnten, räumte ich die Utensilien fort, füllte die
Schüssel mit warmem Wasser, legte einen Waschlappen, Watte und ein
Handtuch bereit.
"Jetzt
musst du noch einmal deine Gesichtsmuskeln soweit wie möglich in
alle Richtungen bewegen, damit sie sich lockert!", sagte ich.
Ich hatte mich wieder so hingesetzt, dass dein Kopf nahe an meinem
Schoss lag und ich die Beine seitlich deiner Schultern ausstrecken
konnte. Dein linker Oberarm zuckte. Du stöhntest. Aus deinem
Brustkorb drang dieses tiefe Brummen, das ich nie gelernt habe zu
imitieren. Ich entfernte die Röhrchen aus den Nasenlöchern. Mit
meinen Fingerspitzen begann ich, die Maske an den Aussenkanten zu
lockern. Ganz vorsichtig, damit sie nicht bröckelten, hob ich sie
an. Mit einem schmatzenden Geräusch liess sie sich von deinem
Gesicht lösen. Auch das Barthaar und die Augenbrauen waren kein
Problem, wie ich befürchtet hatte. Dein Gipsgesicht hielt ich nun in
meinen Händen, legte es behutsam zur Seite, tauchte etwas Watte ins
warme Wasser, mit der ich sanft die Vaseline von deinen Augenlidern
entfernte. Als ich innehielt, öffnetest du deine Augen, dein Mund
begann zu lächeln, und du blicktest mich mit diesem Strahlen an, das
du lange nicht an dir hattest.
Mit
neuer Watte entfernte ich die restliche Vaseline vom Gesicht, wusch
es mit Waschlappen und warmem Wasser ab und tupfte es mit dem
Handtuch trocken. - Ich stand auf, brachte die Schüssel ins Bad und
nahm die Wolldecke, die dich bedeckte, hoch, faltete sie zusammen
und sagte: "Du kannst jetzt langsam aufstehen, - langsam, hörst
du?" (c.f.)